Kündige auf Augenhöhe! Es geht immer noch um Menschen!

von Lars Strempel  - April 23, 2025

Willkommen zu Leadership Deluxe! Kündigungen sind Teil des unternehmerischen Alltags. Doch wie sie gestaltet werden, entscheidet über Vertrauen, Unternehmenskultur und die Wahrnehmung des Unternehmens nach außen. Nur wer fair trennt, führt wirklich gut.

In den letzten Wochen häufen sich die Nachrichten über Massenentlassungen – von der Automobil- bis zur Tech-Industrie. Doch abseits der Schlagzeilen spielt sich eine Realität ab, die viele von uns betrifft: Kündigungen im direkten Umfeld. Klient:innen, Kolleg:innen, Führungskräfte – das Thema beschäftigt. Und es trifft. Deshalb heute: Wie kann man Kündigungen menschlich, professionell und strukturiert gestalten?

Denn eins ist klar: Ob fünf oder fünfhundert Personen betroffen sind – Kündigung ist kein Prozess. Es ist ein Menschenthema.

Als ehemaliger Geschäftsführer habe ich gelernt: Kündigung braucht Struktur. Aber sie braucht auch Empathie. Wie man sich trennt, prägt die Erinnerung mehr als die gemeinsame Zeit. Und wie ein Unternehmen mit Trennungen umgeht, entscheidet oft darüber, wie es nach außen wahrgenommen wird – und ob Top-Talente überhaupt bleiben wollen.

Dabei geht es nicht nur um den Moment des Kündigungsgesprächs, sondern um die gesamte Haltung eines Unternehmens. Wird jemand entlassen, schauen alle genau hin – das Team, das Umfeld, die Öffentlichkeit. In diesem Augenblick zeigt sich, ob Führungswerte wirklich gelebt werden.

Was bei Kündigungen oft schief läuft (und warum das so gefährlich ist)

Fehlende Kommunikation. Überrumpelnde Gespräche. Veraltete Führungskultur. Statt Wertschätzung gibt es Floskeln. Statt Klarheit – Verunsicherung. Und dann wundert man sich über schlechte Bewertungen auf Kununu & Co.

Kleine Unternehmen tun sich oft schwer mit formalen Prozessen. Große Konzerne hingegen lassen Menschlichkeit vermissen – trotz strukturierter HR-Abteilungen. Die Folge: Frustration, Vertrauensverlust, Unsicherheit im Team.

Viele Kündigungen sind außerdem nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Was oft vorher versäumt wurde: regelmäßige Feedbackgespräche, ehrliche Standortbestimmungen, konkrete Leistungsbeurteilungen, offene Kommunikation bei Veränderungsprozessen. Wer all das aufschiebt, zahlt beim Kündigungsgespräch den Preis – mit Misstrauen, Abwehr und manchmal rechtlichen Auseinandersetzungen.

So gestaltest du Kündigungen fair, professionell – und menschlich

1. Kommunikation & Transparenz von Anfang an
Sprecht offen über wirtschaftliche Entwicklungen, Risiken und Chancen. Wer rechtzeitig informiert, gibt Sicherheit. Das reduziert Gerüchte, erhöht Verständnis – und schützt die Kultur. Auch „unangenehme Wahrheiten“ gehören dazu: sinkende Auftragslage, veränderte Marktbedingungen, neue strategische Ausrichtungen.

2. Kündigungsgründe klar und ehrlich kommunizieren
Warum genau diese Entscheidung? Kein Nebel, keine Ausflüchte. Klare, sachliche Begründungen schaffen Vertrauen – auch wenn sie schmerzen. Wichtig ist, dass Gründe nachvollziehbar sind – und nicht willkürlich wirken.

3. Persönliches Gespräch statt E-Mail oder Flurfunk
Ein Kündigungsgespräch ist ein Moment der Menschlichkeit. Kein Punkt auf einer To-do-Liste. Nimm dir Zeit. Sei präsent. Und sprich als Mensch – nicht als Funktion. Und: Lass Raum für Emotionen. Tränen, Wut oder Stille sind erlaubt.

4. Einen strukturierten Ablauf vorab definieren
Von der Ankündigung bis zum Austritt: Wer was wann wie macht, sollte klar sein. Lege Rollen fest: Wer informiert HR, wer schreibt das Arbeitszeugnis, wie erfolgt die Übergabe? Eine Vorlage zur Planung des Kündigungsprozesses findest du auf meiner Website.

5. Emotionale Begleitung aktiv anbieten
Verlust des Jobs ist für viele ein Schock. Biete Hilfe an: Coaching, Gesprächsangebote, psychologische Unterstützung. Das zeigt Haltung. Und: Verweise aktiv auf externe Unterstützungsangebote oder Jobnetzwerke.

6. Wertschätzender Abschied im Team
Ein letzter gemeinsamer Kaffee, eine kurze Verabschiedung – kleine Gesten, große Wirkung. Denn: Wer gut geht, bleibt auch als Ehemalige:r verbunden. Und sorgt damit für ein positives Employer Branding – ganz ohne große Kampagne.

7. Kommunikation ins Team sichern
Was passiert mit dem Rest des Teams? Informiere klar über Gründe, Maßnahmen, Perspektiven. Unsicherheit ist der größte Produktivitätskiller. Eine ehrliche „Lagebesprechung“ nach der Kündigung hilft allen.

8. Keine alten Konflikte „aufstauen“
Vermeide, Kündigungen als „Sammelbecken“ für Unzufriedenheit zu nutzen. Wer rechtzeitig Feedback gibt, kündigt fairer. Nimm Kritik frühzeitig auf und arbeite konsequent an Lösungen. So entsteht Vertrauen – auch in schwierigen Phasen.

9. Zukunft ermöglichen: Outplacement & Empfehlungen
Jobvermittlung, gute Arbeitszeugnisse, offene Netzwerke – wer beim Abschied unterstützt, zeigt Größe. Gerade bei langjährigen Mitarbeiter:innen ist es ein Zeichen von Anerkennung, wenn man beim Übergang aktiv begleitet.

10. Außenwirkung bedenken: Employer Branding beginnt hier
Wie ihr trennt, prägt euer Image. Bewertungsportale, LinkedIn-Posts, persönliche Gespräche – eine schlechte Kündigungskultur wirkt lange nach. Wer auch in der Trennung Professionalität, Menschlichkeit und Klarheit zeigt, stärkt das Vertrauen – intern wie extern.

Kündigen mit zeitlicher Struktur

Der Zeitplan ist idealtypisch – in der Praxis hängt vieles von Betriebsgröße, Kündigungsfristen und der Dringlichkeit der wirtschaftlichen Lage ab. Trotzdem zeigt er, wie man auch unter schwierigen Umständen fair und menschlich handeln kann. Wenn du Anregungen und Ideen hast, wie dieser Zeitplan besser oder anders ablaufen kann, dann schreib es gerne in den Kommentar. So kann diese Liste leben und wachsen!

ZeitpunktMaßnahmeZiel / Inhalt
T – 4 Wochen (vor Kündigung)Vorab-InformationGeschäftsleitung informiert Mitarbeiter (ggf. via Teammeeting) über wirtschaftliche Lage und notwendige Umstrukturierung.
T – 2 WochenEinzelgespräche mit potenziell betroffenen MAFrühzeitige Kommunikation, dass es evtl. zu betriebsbedingten Kündigungen kommen kann. Auf Wunsch: Erstes HR-Gespräch.
T – 1 WocheAbstimmung mit Betriebsrat(sofern vorhanden)Durchführung der Sozialauswahl, Anhörung des Betriebsrats gemäß §102 BetrVG.
TKündigungsgespräch & schriftliche KündigungPersönliches Gespräch, Erklärung der Kündigung, Aushändigung des Schreibens. Angebot eines qualifizierten Zeugnisses.
T bis T + 1 WocheBegleitung & NachgesprächKlärung offener Fragen, Unterstützung bei Bewerbungen, ggf. psychologische Beratung.
T + 1 WocheOffizielles Offboarding startenÜbergabeprozess, letzte Arbeitstage planen oder Freistellung regeln. Arbeitszeugnis in Arbeit.
T + 2 WochenFreistellung (optional)Für Bewerbungsaktivitäten, Bewerbungstrainings, Jobmessen, etc.
T + 3 WochenOutplacement-Angebote / Jobvermittlung (wenn möglich)Kontakt zu Partnern oder Unterstützung bei Bewerbungsprozess aktiv anbieten.
Letzter ArbeitstagWertschätzender AbschiedPersönlicher Dank, evtl. kleine Abschiedsfeier oder Karte im Team.
Nach Kündigung (freiwillig)Follow-up / Alumni-KontaktNachfassen z. B. nach 1–2 Monaten: Wie geht es weiter, kann man nochmal unterstützen?

Fazit:

Kündigungen sind kein schöner Teil des Jobs – aber sie sind essenziell. Und sie sind gestaltbar. Leadership zeigt sich nicht, wenn alles läuft. Sondern wenn es schwierig wird.

Ein klarer, transparenter und respektvoller Kündigungsprozess schützt vor internen Konflikten, rechtlichen Auseinandersetzungen und externem Reputationsverlust. Wer hier investiert, führt besser – und gewinnt langfristig.

Teile diesen Artikel mit Menschen in HR, im Management oder in Führungsrollen, die Verantwortung übernehmen wollen.

Leadership Deluxe – weil gute Führung beim Menschen beginnt.

Bis bald,
Dein Lars

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